Das Schulwesen

Die Schulaufsicht wurde bis 1919 von der Kirche ausgeübt. Danach unterstanden die Schulen dem Kreisschulamt. Die Schulen wurden einmal im Jahr vom zuständigen Pastor und ca. alle 3 Jahre vom Probst visitiert (überprüft). Diese Visitationen waren nicht nur ein Besuch in den unterstellten Schulen. Es wurde sowohl die Leistung der Schüler als auch die des Lehrers überprüft. Sie erstreckte sich über mehrere Fächer und über alle Stufen. So gab es 1890 einen überraschenden Besuch in der Rickerter Schule durch die Schulaufsichtsbehörde. Der Lehrer, der auf die Überprüfung nicht vorbereitet war, konnte seine Nervosität wohl während der gesamten Zeit nicht ablegen. Sie übertrug sich sogar auf die Schüler. Jedenfalls fiel das Urteil für Lehrer und Schüler recht negativ aus.

Schon 1756 hatte Rickert ein eigenes Schulhaus. Ob in dieser Schule auch unterrichtet wurde, muß angezweifelt werden. In einem Visitationsbericht des Hohner Pastors aus dem Jahre 1756 steht über die Schule in Rickert folgendes geschrieben:

Rickert ..... diese Dorfeingesessenen mietheten alljährlich zur Haltung der Schule einen Knecht; bald hier, bald da, und accodierten mit selbigen so gut sie könnten. Am verwichenen Winter haben sie nach Aussage des Bauernvoigts zu Duvenstedt einen Knecht aus Nübbel, Amts Rendsburg, dazu gemiethet gehabt. Sonst ist daselbst ein eigenes Schul-Hauß, worinnen ein armer Häuserinste nahmens Lüdert Fick umbsonst wohnet.

Wahrscheinlich wurde der Unterricht, wie in anderen Dörfern auch, bei den Bauern in einer Stube durchgeführt. Schule wurde nur im Winterhalbjahr, jeweils von Michaeli bis Johanni, gehalten, allerdings dann ganztags. In der anderen Zeit wurden die Kinder als Arbeitskräfte gebraucht. Dies betraf vor allem die Kinder der Oberstufe. Der Lehrer wurde auch nur für diesen Zeitraum verpflichtet.


Rickerter Schulhaus 1836

Zweites Rickerter Schulhaus, erbaut um 1836, heute Stelle Nr. 29

Es waren keine ausgebildeten Lehrer, sondern sogenannte Autodidakten, d. h. sie hatten sich selbst das Unterrichten beigebracht. Man ging bei einem anderen Lehrer regelrecht in die Lehre. Vor allem war das Gehalt dieser Lehrer niedriger als das eines Seminaristen. Man scheint aber in Rickert mit diesen Lehrern nicht schlecht gefahren zu sein. In allen ab 1727 vorliegenden Schriftstücken und Verträgen haben die Rickerter eigenhändig unterschrieben. Bei Schriftstücken aus anderen Gemeinden kann man schon mal die Bemerkung des Amtsschreibers finden: "Bei der unterschrift die Hand geführt." Der erste Lehrer, der eine akademische Ausbildung durchlief, scheint der Lehrer Stahl gewesen zu sein, der um 1870 in Rickert tätig war. Er wurde 1876 Oberlehrer in Duvenstedt. Ab 1830 versuchte die Kirche immer wieder, in den Schulen den Ganzjahresunterricht einzuführen. Die Lehrer bekamen feste Anstellungen. Der Unterricht wurde auch wieder im alten Schulhaus durchgeführt, denn in einem Schreiben des Probstes an den Pastor in Hohn wurde dieser angewiesen, der Gemeinde in Rickert klarzumachen, daß sich die Schule in einem desolaten Zustand befinde und ein neues Schulhaus gebaut werden müsse.

Aufgrund der finanziellen Lage bat die Gemeinde um einige Jahre Aufschub. Zur gleichen Zeit wurde von Seiten der Schulaufsicht geplant, in Rickert oder in Borgstedt eine Distrikt-Schule einzurichten. Der Plan scheiterte an der Entfernung und an den beschwerlichen Wegen. 1836 wurde in Rickert ein neues Schulhaus gebaut, das eine Länge von 30 Fuß und eine Breite von 21 Fuß hatte. Es wurde in Tafelwerk-Bauweise erstellt und bekam ein Reetdach. Der Schulraum hatte eine Größe von 33 m².

Für den Lehrer war ein Schlafraum vorgesehen, einen Wohnraum brauchte er nicht. Verpflegung, den sogenannten Wechseltisch, bekam der Lehrer reihum bei den Hufnern. Da das neue Schulhaus unmittelbar neben dem alten stand, welches baufällig war und eine offene Feuerstelle hatte, bekam die Gemeinde die Auflage, aus Sicherheitsgründen das alte Schulhaus abzureißen. Um 1840 wurde dieses Schulhaus abgetragen und an der heutigen Büdelsdorfer Straße als Armenhaus der Gemeinde wieder aufgebaut. Dieses alte Haus, auch "Poggenslott", genannt, stand hier bis 1960. Der Lehrer bekam um 1843 einen festen Lohn von 50 Talern. Davon mußte er nun seine Verpflegung, die er weiterhin bei den Bauern bekam, selbst bezahlen.

Ab 1845 wurde in den Visitationsberichten immer wieder auf den mangelhaften Schulbesuch im Sommerhalbjahr hingewiesen. Aber daran änderte sich lange nichts. In den Schülerlisten bis ca. 1880 findet man oft das Wort "Dispens" (Befreiung). Diese Schüler kamen im Sommer an einem Tag in der Woche zur Schule und holten sich dann nur ihre Hausaufgaben.

Ab 1880 wurde der Schulbesuch regelmäßiger. Es wurden aber immer noch im Sommerhalbjahr, in Einzelfällen noch während des Ersten Weltkrieges, Schüler der Oberstufe vom Unterricht befreit. Bis 1919 fand im Winterhalbjahr der Unterricht ganztags statt.

Um 1878 wurde der Plan für eine neue Schule gefaßt. Das 1836 gebaute Schulhaus war inzwischen zu klein geworden, ca. 65 Schüler wurden in einem Raum von 33 m² unterrichtet. Wenn man davon den Platz für den Lehrer und den Gang abzieht, verbleibt für jeden Schüler ein Fleckchen von der Größe eines Blatt Papiers.

1881 wurde der Plan verwirklicht. Das Grundstück für die neue Schule stellte der damalige Bürgermeister Johann Harder im Tausch gegen die alte Schule zur Verfügung. Die Kosten des Neubaus betrugen ca. 11.000 Mark. Darin waren die Eigenleistungen in Form von Hand- und Spanndiensten, eine Subvention von 3200 Mark und eine angesparte Summe von 1000 Mark enthalten. Der Schulraum hatte eine Größe von ca. 54 m². Das Haus bekam auch eine Wohnung für den Lehrer. Der Lehrer erhielt ein Jahresgehalt von ca. 1000 Mark, zuzüglich freie Wohnung, Feuerung und Garten. Das alte Schulhaus erwarb um 1900 der Maurer Carl Hammerich. Das unterrichten in einer einklassigen Schule mit hoher Schülerzahl war sicher manchmal für den Lehrer recht schwierig. Aus dem Strafprotokoll zur Zeit des Ersten Weltkrieges geht hervor, daß Schüler des öfteren "wegen Stören des Unterrichts" bestraft wurden. Die Strafen bestanden bei den Jungen aus einer Anzahl Stockschläge aufs Gesäß, bei den Mädchen auf die Hand, ab 1919 auf den Rücken. 1924 wurde im Elternbeirat beschlossen, daß die Lehrer nicht mehr mit Ohrfeigen bestrafen sollten. Gegen Stockschläge hatte man keine Einwände!

1933 wurde die Schule von Grund auf renoviert. Der Fußboden und die Fenster wurden erneuert, die Ofenheizung wurde durch eine zentrale Heizungsanlage fürs ganze Haus ersetzt, die Wände bekamen einen neuen Anstrich und neue Schulmöbel wurden beschafft.

Vom Zweiten Weltkrieg wurde auch die Rickerter Schule betroffen. Nach nächtlichen Fliegeralarmen fing der Unterricht am nächsten Tag eine Stunde später an.

Im September 1939 wurde der Lehrer zum Kriegsdienst einberufen, zunächst übernahm ein Lehrer aus Büdelsdorf die Vertretung. Von November bis zu den Weihnachtsferien mußten die Kinder nach Büdelsdorf zur Schule gehen und wurden dort auf die entsprechenden Klassen verteilt. Nach Weihnachten fand aufgrund der großen Kälte kein regelmäßiger Unterricht mehr statt. Ab März 1940 übernahm der vom Kriegsdienst freigestellte Rickerter Lehrer wieder den Unterricht.

Gegen Ende 1944 wurde der Unterricht wieder für einige Zeit unterbrochen, weil der Lehrer zum Stellungsbau herangezogen wurde. Im Januar 1945 wurde die Schule bis Ende Februar wegen Feuerungsmangels geschlossen. Die Schüler kamen nur täglich ins Schulhaus, um Hausaufgaben vorzuzeigen und neue zu empfangen.

Ab 15. April 1945 fand zunächst überhaupt kein Unterricht statt. Die Schulstube war mit Heimatvertriebenen belegt.

Letztes Rickerter Schulhaus
Letztes Rickerter Schulhaus um 1919, erbaut um 1881, Lehrer Kegel mit Frau und deren Eltern

Ab 23. Oktober 1945 begann dann wieder der normale Schulbetrieb mit 95 Schülern, unter denen nur 26 Einheimische waren. Der bisherige Lehrer Heinrich Kegel durfte allerdings noch nicht wieder unterrichten. Er mußte zunächst das Entnazifizierungsverfahren über sich ergehen lassen. Ab 1. Juni 1948 wurde er wieder als Hauptlehrer an der Rickerter Schule eingesetzt, an der er bis zu seiner Pensionierung am 30. September 1959 unterrichtete. Aufgrund der hohen Schülerzahl war die Schule in Rickert von Februar 1948 bis September 1953 zweiklassig. Im August 1948 wurde im Obergeschoß der Schule eine kleine Wohnung für den 2. Lehrer ausgebaut. 1967 begannen die Gespräche zwischen Eltern, Gemeinderat und Kreisschulamt über eine Auflösung der Rickerter Schule. Ab 1968 besuchten die Schüler der Oberstufe die Büdelsdorfer Schule. 1972 folgte das 4. Schuljahr und 1973 auch das 3. 1973 beschloss die Elternversammlung die Schließung der Rickerter Schule. Das Kreisschulamt, das ebenfalls die Schließung vorsah, war damit einverstanden und bot die Schulen in Rendsburg-Mastbrook oder Büdelsdorf an. Der Gemeinderat stimmte für den Erhalt der Schule. Letztendlich scheiterte die Umschulung zunächst an den Kosten der Schülerbeförderung.

Am 31. Juli 1975 wurde die Schule in Rickert geschlossen. Die Kinder wurden mit einem Bus zur Büdelsdorfer Schule gefahren.

Schülerzahlen
1841 - 30 Schüler
1852 - 29 Schüler
1860 - 34 Schüler
1870 - 50 Schüler
1880 - 67 Schüler
1912 - 73 Schüler
1925 - 35 Schüler
1930 - 27 Schüler
1940 - 27 Schüler
1951 - 63 Schüler
1955 - 28 Schüler
1960 - 20 Schüler
1965 - 38 Schüler
1968 - 39 Schüler
1969 - 43 Schüler
1972 - 38 Schüler
1973 - 23 Schüler
Die abnehmende Schülerzahl bei gleichbleibender Einwohnerzahl von 1925 bis 1940 ist damit zu erklären, daß ab dieser Zeit einige Kinder weiterführende Schulen in Rendsburg besuchten.

Lehrer in Rickert ab 1830
1830 - 1832 Gosch, Carsten, geboren 1797 Rickert, gest. 1832 Rickert
1832 - 1840 Kroll, Peter, geboren 1816 Sorgwohld
1840 - 1841 Hensen, Claus, geboren 1817 Ahlefeld
1841 - 1843 Mumm, Jürgen, geboren 1819 Hohn
1843 - 1849 Bock
1849 - 1852 Trede, Claus
1852 - 1855 Vollert, Jürgen, geboren 1834 Haale
1855 - 1867 Strathmann, Hinr. Gottfr., geboren 1836 Schülldorf
1867 - 1870 Ohle, Peter
1870 - 12/1875 Stahl, Hiron. Christian, geboren 1847 Cismar
6/1876 - 4/1877 Haß, Josias Friedr., geboren 1856 Eckernförde
7/1877 - 11/1877 Tönsfeldt, E. H.
11/1877 - 3/1909 Jarren, Heinrich, geboren 1850 Oelixdorf
03/1909 - 10/1909 6 versch. Lehrer aus Büdelsdorf
10/1909 - 04/1914 Harles, Erich
04/1914 - 09/1914 Dreßler, Arthur
09/1914 - 11/1916 Lorenzen, Th., Lehrer a. D.
11/1916 - 04/1917 Katzmann, Vertretung; Schwarz, Vertretung
04/1917 - 12/1918 Schwarz, Vertretung
12/1918 - 10/1945 Kegel, Heinrich, geboren 1894 Ziepel
10/1945 - 03/1946 Hollensen, Cäcilia, Büdelsdorf
03/1946 - 08/1946 Hollensen, Peter, Büdelsdorf
08/1946 - 07/1947 Laurisch
07/1947 - 10/1953 Ricker, Wilhelm, geboren 1914 Neuruppin, ab Juni 1948 2. Lehrerstellen
02/1948 - 06/1948 Frau Gerlach, 2. Lehrerstellen
06/1948 - 09/1959 Kegel, Heinrich, geboren 1894 Ziepel
10/1959 - 08/1974 Strunk, Georg, geboren 1921 Kiel
10/1974 - 07/1975 Frau Schliemann, Büdelsdorf

In den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts war die Lehrerstelle in Rickert des öfteren vakant. Aus den Unterlagen geht hervor, daß die Schulaufsicht keine Autodidakten mehr akzeptieren wollte, die Gemeinde auf der anderen Seite aber auch nicht zuviel Geld für einen Lehrer ausgeben wollte.



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